Kostenexplosion Neubau Europagymnasium: FDP fordert Neubewertung und alternative Finanzierungsformen
Kandemir: Ohne Wirtschaftlichkeitsberechnung finanziell nicht tragbar
17.09.2024 Meldungen FDP-Fraktion Kerpen
Angesichts einer erneuten Kostenexplosion für den Neubau des Kerpener Europagymnasiums – im Raum stehen bereits jetzt Kosten in Höhe von 230 Millionen Euro – fordert die FDP-Fraktion im Rat der Stadt Kerpen eine Neubewertung der Finanzierung dieses Großprojekts und eine breite Diskussion mit der Bürgerschaft. Der anstehende Haupt- und Finanzausschuss und der Stadtrat sollen zu diesem Projekt in seinen Sitzungen am 17. und am 24. September keine Entscheidung fällen. Die lapidare Aussage der Stadt Kerpen in der Beschlussvorlage, dass ein Neubau die Kosten um weitere 65 Millionen Euro übersteigen würde, ist nach Meinung der Kerpener Liberalen nicht akzeptabel.
,,Die Frage, ob die Stadt sich die Ausführung des Projekts wirklich leisten kann und möchte, kann jedenfalls nicht bereits im September entschieden werden“, sagt Tamer Kandemir, liberaler Sprecher für Stadtplanung und Verkehr. „Die Bürgerinnen und Bürger müssen in den Entscheidungsprozess mit eingebunden werden und alle Fakten transparent auf den Tisch kommen. Die Fahnenstange ist sicherlich mit dieser nunmehr aktualisierten Kostenschätzung noch nicht erreicht.“ Die Öffentlichkeit habe laut Kandemir ein Recht darauf zu erfahren, warum das Projekt so exorbitant teuer werden soll. Es müsse offen darüber gesprochen werden, dass die Stadt sich viele freiwillige Leistungen in den Bereichen Soziales, Vereine, Sport und Kultur bei einer solchen finanziellen Dimension des Projekts und anderen aus dem Ruder gelaufenen Prestigeobjekten in Zukunft nicht wird leisten können. „Eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer kann mit Sicherheit dann auch nicht ausgeschlossen werden.“ Geradezu unverständlich sei es dabei, dass bisher ein Wirtschaftlichkeitsvergleich komplett und Anträge dazu völlig außen vorgelassen und fehlen würden. ,,Bei dieser Berechnung wird geprüft, ob andere Finanzierungsvarianten günstiger sind als die klassische Eigenrealisierung durch die Stadt. Beispielswese haben Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen in vielen anderen Städten und Kreisen bei 90 % der Großprojekten gezeigt, dass eine Realisierung eines großen und komplexen Bauvorhabens als ÖPP-Modell die wirtschaftlichste und damit die zu empfehlende Variante darstellt.“
ÖPP bedeutet Öffentlich-Private-Partnerschaft und hat zum Ziel, einen geeigneten privaten Partner zu finden, der das Vorhaben plant, baut, finanziert und über einen Zeitraum von 25 Jahren betreibt und instand hält. Die Stadt oder der Kreis zahlt eine monatliche ,,Miete“ und nach Ablauf der 25 Jahre geht das Objekt auf die Kommune oder auf den Kreis über. Geradezu alle Berufskollegs im Rhein-Erft-Kreis beispielsweise werden nach dieser Variante finanziert, in Köln werden bereits drei Gymnasien erfolgreich mit diesem Modell ÖPP betrieben. Ganz aktuell wurde in Würselen beschlossen, dass das dortige Gymnasium ebenfalls auf Grundlage einer ÖPP gebaut wird. „Diese weitere exorbitante Kostensteigerung in dieser Höhe kann nicht mittragen werden. Neubau ja, aber kein Neubau um jeden Preis, insbesondere dann nicht, wenn andere Varianten nicht geprüft werden, was eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Ohne eine offizielle und vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsberechnung, die auch andere Varianten mit einbezieht, darf dieses Projekt nicht einfach so durchgezogen werden“, so Kandemir.