FDP-Fraktion: Neubau Europagymnasium darf nicht zum finanziellen Blindflug werden
Entscheidung zurückstellen, bis Wirtschaftlichkeitsvergleich vorliegt
03.09.2025 Meldungen FDP-Fraktion Kerpen

Der geplante Neubau des Europagymnasiums soll nach aktueller Berechnung rund 213 Millionen Euro kosten. Zwar liegen die Kosten leicht unter den bisherigen Schätzungen, doch für die FDP-Fraktion im Rat der Kolpingstadt Kerpen bleibt das Projekt in dieser Form weiterhin nicht verantwortbar.
„Ja, die Kosten haben sich etwas reduziert – aber mit über 200 Millionen Euro sprechen wir immer noch von einer immensen Belastung für die Stadt Kerpen. Das ist kein Grund zur Entwarnung“, betont Tamer Kandemir, Mitglied im Rat der Kolpingstadt Kerpen. Besonders kritisch sieht die FDP-Fraktion, dass die vermeintliche Kostensenkung nur dadurch zustande kommt, dass etwa das geplante Vereinsheim Blau-Weiß Kerpen im Wert von rund 14 Millionen Euro gestrichen wurde. „Das ist ein klarer Wortbruch – hier werden Versprechen nicht eingehalten“, so Kandemir. Zudem sei die neue Kostenstruktur nicht nachvollziehbar: Verwaltungskosten sinken plötzlich um 5 Millionen Euro, während technische Anlagen im gleichen Umfang steigen. „Effektive Einsparungen gibt es überhaupt nicht. Das ist nichts Anderes als ‚linke Tasche, rechte Tasche‘. Die jüngste Kostensenkung weist überhaupt keinen Cent an strukturellen Einsparungen aus.“
Besonders problematisch bewertet die FDP auch den Ablauf wie im Bauausschuss: „Bei einem Projekt von über 200 Millionen Euro auf eine Präsentation des beauftragten Unternehmens zu verzichten, auch wenn die Unterlagen den Fraktionen bereits vorlagen, ist problematisch. Eine solche Präsentation wäre dennoch zwingend notwendig gewesen. So geht man nicht mit einer Investition dieser Größenordnung um“, so Kandemir. Er warnt zudem, dass der Neubau zunehmend überdimensionert wird: „Es entsteht ein großes, teures Prestigeprojekt, das nach außen glänzt – doch Ausstattung und Wirtschaftlichkeit bleiben auf der Strecke.“ Ein Projekt in dieser Größenordnung werde den städtischen Haushalt für Jahrzehnte massiv einschränken. „Jeder Euro, der hier gebunden wird, fehlt bei Kitas, Straßen, Digitalisierung und Kultur. Wer diesem Neubau in der aktuellen Form zustimmt, nimmt Kerpen in den nächsten Jahrzehnten die Luft zum Atmen.“
Vor diesem Hintergrund hat die FDP-Fraktion beantragt, den Beschluss zum Neubau im Haupt- und Finanzausschuss zurückzustellen. Zunächst müsse ein Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsvergleich vorgelegt werden, wie ihn die FDP seit Projektbeginn fordert. Dieser solle verschiedene Realisierungs- und Finanzierungsmodelle – von einer kreditfinanzierten Eigenrealisierung über öffentlich-private Partnerschaften bis hin zu Mischmodellen – umfassen. Neben den Baukosten seien auch die gesamten Lebenszykluskosten, die Auswirkungen auf die Haushaltslage der kommenden 20 Jahre sowie eine transparente Abwägung von Chancen und Risiken darzustellen.
Die Liberalen betonen, dass sie nicht gegen den Neubau eines Gymnasiums sind, sondern für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Finanzpolitik eintreten. „Wir fordern maximale Transparenz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern sowie eine solide Entscheidungsgrundlage für den Rat. Erst auf dieser Basis kann ein Projekt dieser Größenordnung seriös beschlossen werden. Bis dahin darf es keine Zustimmung geben“, so Kandemir abschließend.