Optimierung standardisierter Verwaltungsprozesse durch Einsatz von „Robotic Process Automation“ RPA

Antrag zum Haupt- und Finanzausschuss

28.07.2025 Anträge FDP-Fraktion Kerpen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Spürck,

die FDP-Fraktion im Rat der Kolpingstadt Kerpen bittet, o.g. Punkt auf die Tagesordnung der kommenden Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses zu nehmen und stellt hierzu nachfolgenden Beschlussvorschlag zur Abstimmung vor:

Beschlussvorschlag:

Die Verwaltung wird beauftragt, sich umfassend mit der Thematik der „Robotic Process Automation“ (RPA) zu befassen und die konkreten Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie zur Effizienzsteigerung, Beschleunigung standardisierter Verwaltungsprozesse und insbesondere zur Überwindung der Schnittstellenproblematik zwischen digitalen Bürgeranträgen und bestehenden Fachverfahren in der Stadt Kerpen zu prüfen.

Besonders betrachtet werden sollen dabei Bereiche mit hohem Aufkommen an standardisierten Vorgängen und klaren Regeln, wie sie beispielsweise bei der Bescheid-Erstellung für die Grundsteuer, Hundesteuer oder bei Bewohnerparkausweisen vorkommen, wo digitale Anträge bearbeitet werden müssen.

Ferner wird die Verwaltung gebeten, dem zuständigen Ausschuss zeitnah in einer der nächsten Sitzungen über den Stand ihrer Prüfung zu berichten und darzulegen, ob und inwieweit bereits Planungen, Vorbereitungen oder gar Pilotprojekte zum Einsatz von RPA in der Stadt Kerpen bestehen oder in der Vergangenheit durchgeführt wurden, und dabei auch auf die notwendigen Voraussetzungen und potenziellen Herausforderungen einzugehen.

Begründung:

Die Stadt Kerpen steht in Zeiten knapper personeller und finanzieller Ressourcen sowie steigender Anforderungen vor großen Herausforderungen. Um diesen zu begegnen und den Service für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen zu verbessern, ist die konsequente Digitalisierung der Verwaltungsprozesse unverzichtbar. Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) hat zwar digitale Zugangswege geschaffen, aber gleichzeitig gezeigt, dass die Digitalisierung auch die internen Abläufe umfassen muss, um ihr volles Effizienzpotenzial zu entfalten.

Ein zentrales Hindernis hierbei ist die sogenannte „Schnittstellenproblematik“: Digitale Anträge erfordern oft weiterhin die manuelle Eingabe durch Mitarbeitende in die dahinterliegenden, meist älteren Fachverfahren[1]. Notwendige, tiefgreifende Schnittstellen, um zum Beispiel PDF-Dateien in Fachsoftware/-systeme zu transferieren, sind häufig zu teuer. Dies führt zu erhöhtem manuellem Aufwand, Zeitverzögerungen, Fehlern und bindet wertvolle Ressourcen für monotone Routinetätigkeiten.

Robotic Process Automation (RPA) bietet hier eine pragmatische und kostengünstige „Brückentechnologie“. „Software-Roboter“ simulieren menschliche Interaktion mit bestehenden Systemen, lesen Daten aus digitalen Anträgen aus und tragen sie automatisiert in die Fachverfahren ein. Dies geschieht schnell und präzise, ohne teure Schnittstellen oder Änderungen an den Altsystemen. RPA automatisiert somit genau jene manuellen Schritte, die derzeit die Effizienz bremsen, wie die manuellen Klick-, Tipp- und Kopierschritte, die derzeit notwendig sind, um digitale Anträge in die Fachverfahren zu überführen.

Dieser Ansatz eröffnet erhebliche Potenziale:

  • Steigerung der Effizienz durch schnellere Prozessbearbeitung.
  • Reduzierung von Fehlern durch Automatisierung.
  • Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Routinetätigkeiten.
  • Schnellerer Bürgerservice durch zügigere Bearbeitung.
  • Kostengünstige Überwindung der Schnittstellenproblematik.

Diese Potenziale werden bereits in der Praxis genutzt. Die Stadt Ulm konnte beispielsweise durch RPA bei der Bescheiderstellung für Hundesteuer und Bewohnerparkausweisen die Bearbeitungszeit laut Berichten um bis zu 80 % reduzieren. Auch viele andere Kommunen, wie Hamburg, Bonn oder Köln, setzen RPA für diverse standardisierte Aufgaben ein, von der Antragsbearbeitung (z.B. Wohngeld) über Datenübertragung bis zur Dokumentenerstellung. Dies zeigt die breite Anwendbarkeit und etablierte Natur von RPA im öffentlichen Sektor.

Auch in der Verwaltung der Kolpingstadt Kerpen gibt es zahlreiche Prozesse mit standardisiertem Charakter, die sich für eine Automatisierung mittels RPA eignen könnten, wie z.B. die Bescheiderstellung bei Steuern und Gebühren, Bewohnerparkausweise, Wohngeld oder interne Vorgänge.

Der FDP-Fraktion ist bewusst, dass die Herausforderungen der Verwaltungsdigitalisierung enorm sind und Fragen nach Personal und Budget aufwerfen. Doch gerade deshalb ist die Prüfung von RPA so wichtig. Diese erprobte Technologie ist keine zusätzliche Last, sondern eine Lösung: Sie entlastet Mitarbeiter von monotonen Routineaufgaben und überwindet kostengünstig die Probleme bei der Übertragung digitaler Daten in unsere bestehenden Systeme.

Es geht hier nicht um eine sofortige Großinvestition, sondern darum, systematisch zu prüfen, wo die Kolpingstadt Kerpen mit überschaubarem Aufwand signifikante Effizienzgewinne erzielen kann. Die beantragte Prüfung ist der notwendige erste Schritt – eine Investition in die Zukunft, die sich durch eingesparte Arbeitszeit und verbesserte Prozessqualität schnell amortisieren kann.

Um die Möglichkeiten der modernen Digitalisierung voll auszuschöpfen und die Verwaltung zukunftsfähig aufzustellen, ist es unerlässlich, die Potenziale von Technologien wie RPA systematisch zu prüfen und zu klären, ob die Verwaltung der Kolpingstadt in diesem Bereich bereits aktiv ist.

Die Beauftragung der Verwaltung zur Prüfung der RPA-Einsatzmöglichkeiten und zur Berichterstattung ist daher ein wichtiger Schritt zur Identifizierung von Effizienzpotenzialen und zur Weiterentwicklung der Verwaltungsdigitalisierung in Kerpen für verbesserten Bürgerservice und optimierte Arbeitsabläufe für Mitarbeitende.

[1] Fachverfahren: spezialisierte Software, die nur in einem Fachbereich verwendet wird. Z.B.: Das Steueramt hat ein Fachverfahren für die Bearbeitung von Steuererklärungen und die Erstellung von Bescheiden (wie z.B. für die Grund- oder Hundesteuer).
			

				
				

Rüdiger Schmidt

Beisitzer im Stadtverband, sachkundiger Bürger der FDP-Fraktion

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